Mit 17 kunstinteressierten Vereinsmitgliedern und Gästen fand am 18. Juni die lange geplante und in bewährter Weise vom stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Hans-Georg Luh organisierte Kunstfahrt des Vereins statt. Diesmal führte sie nach Chemnitz. Auf dem Programm stand ein Besuch der Expressionismus-Ausstellung in den Kunstsammlungen und ein Gespräch mit dem Künstler Michael Morgner. Im Museum waren hochkarätige Werke der Künstlervereinigungen „Brücke“ und „Blauer Reiter“ versammelt, die vor Augen führten, welch Potential in den Avantgardebewegungen zu Beginn des 20 Jahrhunderts innewohnte.
Vertreten waren Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Max Pechstein und Emil Nolde aus der „Brücke“ auf der einen, sowie Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Alexej von Jawlensky, Marianne von Werefkin, Paul Klee, Franz Marc und August Macke vom “Blauen Reiter” auf der anderen Seite. Diese Künstlerinnen und Künstler waren ab 1906 angetreten, um überholte Konventionen und akademische Traditionen über Bord zu werfen und vollkommen neue künstlerische Wege zu gehen. In der Ausstellung wurden Parallelen und Unterschiede zwischen den beiden Gruppen deutlich gemacht.
Beeindruckende Kraft der Farben
Durch die sachkundige Führung eines ehemaligen Mitarbeiters des Museums erhielten wir detaillierte Informationen, die die gezeigten Werke in einen Kontext stellten und zu deren besseren Verständnis beitrugen. Einzelnen Themenkomplexe, wie Landschaft, Porträt, der Einfluss außereuropäischer Kulturen und der Weg in die Abstraktion stellten inhaltliche Schwerpunkte innerhalb der Schau dar.
Wir waren insbesondere beeindruckt von der Kraft der Farben in den Gemälden. Im Expressionismus wurde die Farbe zu einem autonomen Ausdrucksträger, durch den Gefühle und Stimmungen ganz unmittelbar auf die Leinwand gebracht werden konnten. Von frühen Gemälden Emil Noldes, die noch impressionistische Einflüsse aufwiesen, bis hin zu den abstrakten Gemälden von Wassily Kandinsky fächerte die beeindruckende Ausstellung ein breites Spektrum der deutschen Avantgardekunst vor dem ersten Weltkrieg auf.
Die Mittagspause verbrachten wir im Künstlerrestaurant „Heck-Art“, in dem Werke von Chemnitzer Künstlern zu bewundern waren, unter anderem auch ein von Michael Morgner eigens gestalteter Raum. Dies stimmte uns auf den Galeriebesuch am Nachmittag ein.
Neuentdeckung: Charlotte E. Pauly
Morgner gehört zweifellos zu den wichtigsten Vertretern einer oppositionellen Kunst in der DDR. Eindrucksvoll wurde dies in einer großen Ausstellung im Dieselkraftwerk im Jahr 2018 dokumentiert. In der „Morgnerarchiv“ genannten Galerie, die vom Künstler und seiner Frau geführt wird, sahen wir eine Ausstellung mit Werken von Charlotte E. Pauly. Die 1886 in Schlesien geborene und 1981 in (Ost)Berlin verstorbene Künstlerin, kann als eine Entdeckung gelten. Als bildende Künstlerin war sie Autodidaktin. Ihre mitunter an Chagall erinnernden Arbeiten haben einen ganz eigentümlichen unmittelbaren Reiz. Michael Morgner ging zunächst auf diese Werke ein, bevor er uns überaus lebendig Auskunft über sein eigenes Schaffen gab. Zum Ausklang zeigte uns der Künstler einen kurzen Film, durch den wir anschaulich Einblick in die Entstehung seiner Werke erhielten.