Mit einer Doppeleröffnung für zwei Ausstellungen am Standort Dieselkraftwerk Cottbus ist das Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst (BLMK) am 14. Februar in das Kunstjahr 2019 gestartet. Zum einen gibt es in „Urknall und Auferstehung“ eine Wiederbegegnung mit einem Ensemble von fünf monumentalen Kunstwerken von Michael Morgner, die schon 2018 in der Ausstellung „Existenz = Zeichen = Mensch“ zu sehen waren. Seinerzeit korrespondierten sie hier mit Arbeiten von Joseph Beuys, nun sind neu arrangiert im Maschinensaal 1 des Museums zu sehen, der sich für die vier großformatigen Gemälde und die zentrale Skulptur ähnlich gut eignet wie das Kirchengebäude, für das sie einst konzipiert waren.
Scherzhaft spricht Museumsleiterin Ulrike Kremeier daher auch von der „Morgner-Kathedrale“, und thematisch ist das gar nicht abwegig. Jede Wand des Raumes trägt eines der Bilder mit den Titeln „Urknall“, „Kreuzigung“, „Höllenfahrt“ und „Auferstehung“ – eine Spanne also von Werden, Vergehen und Wiedergeburt, für die der Betrachter entsprechend Muße braucht, um im zunächst erdig-ornamentalen Chaos die verschiedenen Dimensionen der Zeichen- und Figurensprache Morgners zu entschlüsseln. Ganz unbewusst steht er schließlich nicht nur neben, sondern tritt an die Stelle jenes von all dem überwältigten, beeindruckten und nach Orientierung suchenden Menschen, den die Skulptur „Angst“ verkörpert.
Es ist ein eigenwilliger Kunstprozess, in dem diese Arbeiten entstanden: Morgner verwendet aufgeraute, von Schablonen geprägte Büttenpapiere, die mit Asphaltlack und Tusche getränkt und wieder abgewaschen werden. Die Papierschichten werden schließlich teilweise wieder abgerissen und lassen so überraschende Strukturen entstehen.
Künstler als Komplizen
Die zweite Neueröffnung ist die Plakatkunstausstellung „Kollektive Signaturen – Komplizenschaft und kooperative Produktion im Plakat“, die sich neben verschiedenen Leihgaben einmal mehr aus dem reichhaltigen Bestand der Plakatsammlung des BLMK bedient. Nach „Die Spur der Hand“ im vergangenen Jahr, die den konkreten künstlerischen Schaffensprozess von der Idee bis zum Plakat ausleuchtete, geht es nun um die Frage, wie sich Künstler, wenn sie sich in Gruppen zusammenfinden, gegenseitig beeinflussen; ob und wie sie eine gemeinsame Formensprache finden.
Das ist nicht immer so offensichtlich wie bei ostdeutschen Künstlerkollektiv „PGH Glühende Zukunft“ deren grafisch-gestalterische Verwandtschaft – beispielsweise zwischen den Arbeiten von Detlef Beck, Anke Feuchtenberger und Henning Wagenbrett – schnell augenfällig wird. Manchmal findet sich die künstlerische Gemeinschaft auch weniger in der Gestaltung und mehr auf der Ebene eines gleichen gesellschaftspolitischen Verständnisses wieder, so wie bei den Mitgliedern der französischen Gruppe „Nous Travallions Ensemble“ („Wir arbeiten zusammen“). Einer ihrer Leitsätze: „Wir suchen problemgerechte Antworten auf soziale kulturelle Fragestellungen.“ Sie tun das im wahrsten Wortsinn plakativ mit starker Symbolik: Da ist das Baby in Verteidigungshaltung, das – kaum geboren – schon für seine Zukunft kämpfen muss; das Kleinkind, das der französischen Republik den Hintern zeigt und uns fragt, ob sie es überhaupt verdient hat, oder der Hund auf einer für Menschen gemachten Toilette – kultiviert abgerichtet, aber seiner eigentlichen Natur beraubt.
Moderne Heilige
Neben den Siebdrucken von „cyan“, den Fotoverfremdungen und -collagen der Gruppe Rambow, Lienemeyer, van de Sand und dem digitalen Manifest „Der Hund“ der Gruppe „PANK“ ist eine der Überraschungen dieser Ausstellungen zweifellos die Berliner Kooperative Various & Gould, die den Betrachtern sich selbst als fetischbesessene, selbstverliebte und in sich selbst verstrickte moderne Heilige vor Augen führt – datenbeladen, statusfixiert und soziokulturell irgendwie zwittrig. Auch eine originelle Idee von Various & Gould, die sich in diese Art Blick in den Rückspiegel einfügt, ist die Serie „Broken Screens“. Darin werden zerbrochene Handy-Displays ihrer Funktion enthoben, fremde Bilder aus dem digitalen Raum abzuspielen. Stattdessen werden sie als Radierungen selbst zu Kunstwerken, aus denen sich bizarre Landschaften und Figuren ablesen und zueinander in Beziehung setzen lassen. Wir sehen also erst dann wirklich, wenn das Fenster zur virtuellen Welt blind wird.
Beide Ausstellungen sind noch bis zum 3. Mai 2019 im BLMK am Standort Dieselkraftwerk Cottbus zu sehen.